Das junge Waldrapp-Weibchen Knubbel ist gestorben. Erst im Sommer in Überlingen zur Welt gekommen, kam sie nun bei ihrem Flug über dem Festland von Spanien ums Leben. Wie das Waldrapp-Team in einer Mitteilung schreibt, wurde Knubbel von einem Wilderer illegal abgeschossen.

Knubbel wurde am 3. Juni 2023 in Überlingen geboren und wuchs dort auch auf. Während der Herbstmigration verlor das Waldrapp-Weibchen in Norditalien den Kontakt zu ihren Artgenossen. Fortan orientierte sich Knubbel nach Süd-West – eine typische Richtung für unbegleitete junge Waldrappe.

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Rekonstruktion des Flugs mithilfe eines GPS-Senders

Da Knubbel einen GPS-Sender trug, konnte ihr Flug genau rekonstruiert werden: Am 15. Dezember um 11.41 Uhr verließ sie zwischen Genua und La Spezia das Festland und flog in einem konstanten Süd-West-Kurs auf das Mittelmeer hinaus. Gegen 17 Uhr änderte Knubbel ihren Kurs und flog circa 150 Kilometer nach Osten in Richtung Korsika.

Nach Sonnenuntergang erreichte sie nördlich von Calvi die Küste und übernachtete dort. An diesem Tag legte Knubbel eine Strecke von insgesamt 470 Kilometer über das offene Meer zurück. Am Morgen des 16. Dezember verließ sie gegen 9 Uhr die Korsische Küste und folgte wieder einem Süd-West-Kurs.

Die unglaubliche Flugroute von Knubbel und ihr trauriges Ende.
Die unglaubliche Flugroute von Knubbel und ihr trauriges Ende. | Bild: Waldrapp-Team

760 Kilometer ohne Pause: Knubbel war eine Ausnahmefliegerin

Um 18.30 Uhr flog Knubbel nördlich an Menorca vorbei und änderte ihren Kurs nach Westen in Richtung des spanischen Festlands zwischen Barcelona und Valencia. Nur 20 Kilometer von der Küste entfernt traf sie in der Dunkelheit auf eine Ölplattform und übernachtete dort. Die Flugstrecke dieses Tages betrug 760 Kilometer, die der Vogel den Daten gemäß non-stop zurücklegte – ohne Aufnahme von Wasser oder Futter.

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„Es ist die längste Tages-Flugdistanz, die jemals bei einem Waldrapp dokumentiert wurde“, heißt es in der Mitteilung des Waldrapp-Teams. Um 7.35 Uhr am nächsten Morgen setzte Knubbel ihren Flug fort und erreichte um 8.20 Uhr die spanische Küste. Nach etwa 30 Minuten Pause setzte sie ihren Flug fort, überflog das küstennahe Gebirge und erreichte dort eine Flughöhe von circa 1500 Meter.

Rund 90 Kilometer landeinwärts, nahe der Ortschaft Calanda, endete der Flug. Etwa eine Woche hielt sie sich im Umfeld von Calanda auf, dann wiesen die Daten des Senders auf eine Verletzung hin – und schließlich auf den Tod des Waldrapp-Weibchens. Wie es in der Mitteilung weiter heißt, konnte der Vogel anhand der GPS-Daten durch Naturschutzbeamte geborgen werden.

Das tote Waldrapp-Weibchen bei der Bergung durch spanische Naturschutzbeamten.
Das tote Waldrapp-Weibchen bei der Bergung durch spanische Naturschutzbeamten. | Bild: Waldrapp-Team

Wilderei als Todesursache

Die Ursache für den Tod: Das Vogelweibchen wurde illegal abgeschossen. „Knubbel ist der erste illegal abgeschossene Waldrapp aus unserer Population in Spanien“, schreibt das Waldrapp-Team in der Mitteilung. „Seine unglaubliche Leistung hat diesen Vogel zu einer Persönlichkeit gemacht und wir waren voll Hoffnung, dass er seinen Flug fortsetzt und in Andalusien auf seine Artgenossen trifft.“

Der Fall von Knubbel zeige auf, dass die illegale Vogeljagd nicht nur in Italien eine Bedrohung für die Artenvielfalt darstellt. Auch entlang der Zugstrecke nach Andalusien seien die Waldrappe durch Wilderei bedroht. „Wir werden auch in Spanien jeden Fall zur Anzeige bringen und hoffen auf Ermittlungen durch die spanische Justiz und Unterstützung durch die spanischen Jagdverbände“, betont das Waldrapp-Team in der Mitteilung.