Jestetten – Die Menschen werden immer älter und die Zahl der chronisch Kranken und Pflegebedürftigen steigt und so verlagert sich die Gesundheitsversorgung zunehmend in den ambulanten Bereich. Für die Primärversorgung ist es unabdingbar, dass Versorgung als Teamaufgabe eines Netzwerkes verstanden wird. Dieses Netzwerk besteht aus Ärzten, nichtärztlichen Versorgungsassistenten in den Praxen, den Fachärzten, den Pflegediensten, Physiotherapeuten und Ehrenamtlichen, wie den organisierten Nachbarschaftshilfevereinen.

Der Allgemeinmediziner Thomas Asaël aus Jestetten und Tabea Minet, sprachen über das seit einigen Monaten laufende sogenannte Case Management (bedarfsorientierte Steuerung einer Fallsituation), wie es läuft und welche Aufgaben dort anfallen. Das Case Management übernimmt die wichtige Aufgabe, alle Enden miteinander zu verbinden und Hilfsbedürftige durch dieses Netz an Angeboten zu lotsen und zu verknüpfen.

Das Case Managements wird seit letztem Jahr bei der gemeinnützigen Gesundheitsnetz-Genossenschaft „ZipHo“ aufgebaut. Es ist ein wichtiger Teil der Grundversorgung der Bevölkerung. Das Angebot ergänzt die medizinische Versorgung und entlastet Hausarzt Thomas Asaël spürbar. Dies gilt auch für den Hausarzt Karl-Heinz Dietermann, welcher ebenfalls eng mit Tabea Minet zusammenarbeitet.

Hilfe auch bei der Antragstellung

Der Hausarzt ist der erste Ansprechpartner für Menschen mit Problemen, er hilft in medizinischer Sicht und betrachtet den Menschen als Ganzes. Oft entstehen körperliche Probleme aus ursprünglich nicht körperlichen Problemen. Viele Patienten suchen ihren Hausarzt in Folge von sozialen Schwierigkeiten auf. Hier setzt Tabea Minet an. Gemeinsam mit den Betroffenen analysiert sie deren Situation und erarbeitet Maßnahmen, um die Versorgung des Patienten zu verbessern. Thomas Asaël berichtet von vielfältigen Aufgaben, von denen er durch Tabea Minet in hohem Maße entlastet wird. Sie übernimmt die Rolle der Beraterin, Betreuerin, Vermittlerin und ist „Antragsschreiberin“. Dadurch gewinnt er Zeit und kann sich intensiv um Patienten kümmern.

Tabea Minet hört zu, analysiert die Gesamtsituation und schaut, welche haupt- und ehrenamtlichen Hilfsangebote es in der Region gibt und verlinkt ihre Klienten dorthin. Sie prüft aber auch, ob Leistungsansprüche gegenüber Krankenkassen oder der Rentenversicherung bestehen und hilft bei der Antragsstellung. Es geht ihr auch darum, ihren Klienten Eigenverantwortung und Gesundheitskompetenz ins Bewusstsein zu rücken. „Jeder Mensch hat Ressourcen, die es zu stärken gilt“, so Minet. Auch die Angehörigen der Betroffenen werden einbezogen und bei Bedarf ebenfalls unterstützt.

Minet berichtet von einem Fall, bei dem ein Klient nach einem Unfall über Monate krankgeschrieben war und drohte seinen Lebensmut zu verlieren. Während sie den Klienten motivierte, wieder aktiver zu werden und durch Sport und Aktivitäten selbst etwas für sich zu tun, unterstützte sie bei der Suche nach Therapieplätzen und half auf dem Weg zu einer beruflichen Rehabilitation. Nicht selten spielen mehr als zehn Behörden, Einrichtungen und Leistungserbringer dabei eine Rolle.

Derzeit wird das Case Management vom Sozial- und Gesundheitsministerium Baden-Württemberg gefördert. Diese Förderung endet zum 31. August. Aktuell wird geprüft, wie eine zukünftige Finanzierung sichergestellt werden kann. Thomas Asaël sprach sich dafür aus: „Wir brauchen das Case Management als Entlastung und um uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren zu können – die medizinische Versorgung der Patienten. Das Case Management sollte sich als ein fester Bestandteil der Primärversorgung etablieren.“

An wen wendet sich das Case Management?

In erster Linie richtet sich das Angebot des Case Managements an multimorbide Menschen, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder drohender oder bestehender Pflegbedürftigkeit und deren Angehörigen. Grundsätzlich können sich aber alle Bürger aus den Mitgliedskommunen der Gesundheitsnetz ZipHo eG an Tabea Minet wenden. Entweder die Vermittlung erfolgt durch den Hausarzt oder die Betroffenen wenden sich direkt an Tabea Minet. So ist sie regelmäßig in Jestetten und Hohentengen vor Ort. Mittlerweile vermitteln auch die Gemeindeverwaltungen und Ehrenamtliche Menschen direkt an sie. Dabei geht es neben Einzelfragen auch immer um komplexe Versorgungssituationen.