Wehr – Vom Wehrer Eisenwerk über die Textilindustrie bis zu Johann Peter Hebel: Es war ein großer Bogen, den die Stadtführerin und Johann Peter Hebel-Kennerin Inge Hemberger bei ihrem Museumsgeflüster jüngst schlug. Rund 20 Gäste folgten ihr bei dem ebenso informativen wie kurzweiligen Gang durch das Brennet-Museum in Wehr.

Auf den vier Stockwerken des ehemaligen Laborantenhauses sind heute unzählige Dokumente, Maschinen, Textilproben und viele andere Exponate ausgestellt, die die Industriegeschichte Wehrs und der Brennet AG beleuchten. „Die Einrichtung des Privatmuseums war ein großer Wunsch von Stephan Denk“, so Inge Hemberger. Bereits seit dem Mittelalter gab es in Wehr ein Eisenwerk, das von den Herrschern nicht zuletzt deshalb geschätzt war, weil man aus dem Eisen Waffen herstellte. 1860 wurde das Eisenwerk stillgelegt, und an seiner Stelle errichtete Franz Anton Baumgartner eine Weberei. Die 1881 von Carl August Hipp, Josef Raphael Schenz und Anton Denk gegründete Mechanische Buntweberei Brennet kaufte 1888 die Fabrik Baumgartners.

Als wichtiges Zeugnis der Industriegeschichte stellt das Museum einen Blasebalg aus dem Eisenwerk aus, und hier konnte Inge Hemberger den Bogen zu Johann Peter Hebel schlagen: Die Mutter des Dichters arbeitete teils im Haushalt einer Basler Patrizierfamilie und teils in einem Eisenwerk im Heimatdorf Hausen. Hebel kannte also auch die beschwerliche Lebensweise der Arbeiter. Nachdem er mit 13 Jahren Vollwaise und von seinem Lehrer nach Karlsruhe mitgenommen worden war, stieg er zum Prälaten der Evangelischen Kirche auf, aber sein Traum, eine ländliche Pfarrei zu übernehmen, blieb ihm verwehrt. „Heimat war für ihn die alemannische Sprache“, so Inge Hemberger. Dass fast alle alemannischen Gedichte in Karlsruhe entstanden, war wohl der Versuch, den Verlust der Heimat in der Sprache zu kompensieren, so auch im Gedicht „Der Schmelzofen“, das sich Inge Hemberger zum krönenden Abschluss aufhob.

Zunächst führte sie durch die Firmengeschichte, die von Carl Denk, danach von Albrecht und Robert Denk und schließlich von Stephan und Peter Denk geprägt wurde. Die Firma blieb standorttreu und kämpfte mit Innovationen wie den bügelleichten Baumwollhemden mit der „Schwarzen Rose“ gegen Billigkonkurrenz und Polyesterhemden, doch im März 2013 wurde der letzte Quadratmeter Stoff in Wehr gewebt. „Die Brennet AG hielt damit etwa 30 Jahre länger durch als andere Unternehmen wie die Seidenstoffweberei Schwarzenbach in Weil“, erklärte Stadtführerin Inge Hemberg. Das Museum im Laborantenhaus wurde vor rund zehn Jahren um das 1730 erbaute Herrenhaus erweitert. Es bewahrt Archivmaterialien und gewährt Einblicke in das Leben einer großbürgerlichen Familie. Ausgestellt sind Gemälde von Hans Thoma, Werke von Käthe Kollwitz und von regionalen Künstlern sowie als Höhepunkt ein Gemälde von Max Liebermann. Das Original ist sicher verwahrt, im Museum ist eine Kopie zu sehen. Religiöse Werke befinden sich im Dachstuhl, und dort rezitierte Inge Hemberger Johann Peter Hebels Gedicht über den Schmelzofen. Er beschreibt das Eisenwerk als Ort, an dem Arbeiter ihren Lohn verdienen und nützliche Dinge anstelle von Waffen herstellen, gemäß dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“. Diese Friedensvision hat bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren.