Massive Unstimmigkeiten haben sich zwischen der Stadt und der Kindertagesstätte Kikripp in Villingen hochgeschaukelt. Die Stadt fordert dem Vernehmen nach etwa 1,3 Millionen Euro von den privaten Betreibern der Einrichtungen zurück. Diese wehren sich und erklären: „Sollte die Stadt auf ihren Forderungen beharren, könnten tatsächlich 92 Kindergartenplätze in VS auf dem Spiel stehen.“

Transparente und Demo-Ankündigung

Mit großen Transparenten am Kindergarten, einer ehemaligen Fabrikantenvilla beim Saba-Gelände in der Hermann-Schwer-Straße, haben die Betreiber und Eigentümer der Einrichtung, das Ehepaar Marius Neininger und Marisa Faisst Neininger, in den vergangenen Tagen Alarm geschlagen. „SOS an die Politik. Rettet unsere Kita“, stand darauf zu lesen. Oder der Appell an die Stadt und den Gemeinderat: „Redet mit uns.“ Angekündigt wurde auch eine Demonstration der Eltern und der Kinder.

Marisa Faißt Neininger leitet die Kikripp und ist gemeinsam mit ihrem Mann Gesellschafterin der Einrichtung. Diese Aufnahme zeigt sie ...
Marisa Faißt Neininger leitet die Kikripp und ist gemeinsam mit ihrem Mann Gesellschafterin der Einrichtung. Diese Aufnahme zeigt sie bei der Präsentation des geplanten Waldkindergartenprojektes. | Bild: Göbel, Nathalie

Inzwischen aber haben die Betreiber der Einrichtung verbal und emotional wieder abgerüstet und ihre geplante Demonstration abgesagt. Man suche jetzt lieber das Gespräch mit der Stadt, heißt es auf Nachfrage des SÜDKURIER.

Auch die Verantwortlichen im Rathaus sind bemüht, kein Öl ins Feuer zu gießen. Oberbürgermeister Jürgen Roth traf sich daher am Montagmorgen, 6. Mai, mit den Betreibern, um möglichst eine Klärung herbeizuführen.

Am späten Nachmittag hat die Kikripp-Leitung dann bei einem Pressegespräch ihre Sicht der Dinge dargelegt.

Die Stadt braucht die Kindergartenplätze

„Wir haben kein Interesse, eine Kindertagesstätte platt zu machen“, betont Madlen Falke, die Pressesprecherin der Verwaltung. In der Stadt fehlten derzeit etwa 500 Kindergartenplätze. Unter diesen Vorzeichen, so Falke, sei eine Schließung der Kikripp in niemandes Interesse.

SOS an die Politik: An der Kindertageseinrichtung Kikripp hängt seit Anfang Mai ein großes Protestplakat.
SOS an die Politik: An der Kindertageseinrichtung Kikripp hängt seit Anfang Mai ein großes Protestplakat. | Bild: Hoffmann, Claudia

Um was geht es bei diesem Konflikt? Das Amt für Kindertageseinrichtungen als zuständiges Fachamt der Stadt geht davon aus, dass die Betreiber der Kikripp in den fünf Geschäftsjahren 2018 bis 2022 überhöhte Betriebskosten bei der Stadt abgerechnet haben. Die darin enthaltenen Investitionskosten sind nach Feststellung der Stadt nicht erstattungsfähig.

Die Überzahlung summiert sich offenbar auf die besagten 1,3 Millionen Euro. Eine Summe, die vom Rathaus nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert wird.

Rechtslage für die Stadt eindeutig

Aus Sicht der Stadt, so verdeutlichte Karin Feger, die Leiterin des Rechtsamtes, ist die Rechtslage völlig eindeutig. Die freien Kindergartenträger haben die Wahl zwischen zwei Modellen: Entweder sie bekommen von der Stadt einen einmaligen Investitionszuschuss, etwa für einen Neubau. Oder sie erhalten einen monatlichen Mietkostenzuschuss.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Gesellschafter der Kikripp, das Ehepaar Neininger, habe sich als Eigentümer der Immobilie vor einigen Jahren für das Mietkosten-Modell entschieden. Sie bekommen damit von der Stadt eine monatliche Miete bezahlt. Die laufenden Betriebskosten übernimmt die Stadt ohnehin zu hundert Prozent bei allen Einrichtungen.

Betreiber müssen sich entscheiden

Damit sei vertraglich klar geregelt, so die Juristin, dass eine Bezuschussung von Investitionen in die Einrichtung von der Stadt nicht finanziert werde. In diese Frage gebe es keine „Vertragslücke“, wie von den Kikripp-Betreibern in mehreren Gesprächen reklamiert worden sei.

Diese beiden Modelle „kann man nicht vermischen“, betont Feger. Die Stadt erstatte entweder Miete oder Investitionskosten, aber nicht beides.

Marius Neininger ist Gesellschafter und Geschäftsführer bei der Kikripp, hier ein Archivfoto.
Marius Neininger ist Gesellschafter und Geschäftsführer bei der Kikripp, hier ein Archivfoto. | Bild: Göbel, Nathalie

Nach dem sich die Unstimmigkeiten über die Abrechnungen über Jahre hinweg ergebnislos hingezogen haben, sah sich die Stadt laut Christian Maurer, dem Leiter des Amtes für Kindertageseinrichtungen, veranlasst, dem Hin und Her ein Ende zu bereiten. Im März fand ein Abstimmungsgespräch mit dem Träger statt. Die Bescheide werden erst noch versandt.

Aus Sicht der städtischen Rechtsanwältin Karin Feger ist klar, dass das Abrechnungsproblem nicht bei der Stadt liegt. „Mit 14 Trägern läuft es unproblematisch, mit einem einzigen nicht.“

Madlen Falke: „Wir haben kein Interesse, eine Kindertagesstätte platt zu machen.“
Madlen Falke: „Wir haben kein Interesse, eine Kindertagesstätte platt zu machen.“ | Bild: Anna Benner/Stadt VS

Kita mit den höchsten Ansprüchen

Warum es mit eben diesem Träger Schwierigkeiten gibt, liegt womöglich in dessen Struktur begründet. Die Einrichtung bietet die umfangreichsten Betreuungszeiten und liegt mit ihrem Angebot deutlich über den Standards der anderen Kindergärten. Kein Wunder, dass die Kikripp bei Eltern sehr beliebt ist.

Amtsleiter Christian Maurer verdeutlichte aber, dass diese höheren Ansprüche der Kikripp nicht der Finanzierungs-Maßstab seien. „Für uns sind Kita-Plätze für alle Kinder wichtig.“

Wie kann eine Lösung aussehen?

Nun soll der Oberbürgermeister in dieser Frage eine Lösung finden. Wobei die Vertreter der Stadtverwaltung betonen, dass es sicherlich keine Extrawurst für die Kikripp – etwa in Form eines zusätzlichen Investitionszuschusses – geben wird. Dies lasse die Rechtslage nicht zu und wäre eine eklatante Benachteiligung der 14 anderen freien Träger.

Das könnte Sie auch interessieren

Stadt ist bereit, Zahlungsverpflichtungen vorläufig auszusetzen

Am Montag hat ein Gespräch zwischen dem Oberbürgermeister und Vertretern der Kikripp stattgefunden. In einer Pressemitteilung erklärt die Stadt: „Am gemeinsamen Ziel, der Erhalt der Kita Kikripp mit 92 Plätzen, halten die beiden Vertragsparteien weiterhin fest. Die Stadt wird im Rahmen des rechtlich Zulässigen die Zahlungsverpflichtungen so lange aussetzen, bis eine endgültige Klärung, die gegebenenfalls juristisch erfolgen muss, erreicht wurde.“

Somit sei die Fortführung der Kikripp bis auf weiteres möglich, betont Oberbürgermeister Jürgen Roth.