NEU: Der Artikel enthält jetzt die Stellungnahme der Stadt Villingen-Schwenningen auf die ursprüngliche Fassung.

Entschieden wehren sich die Betreiber der privaten Kindertagesstätte Kikripp in Villingen gegen eine von der Stadt geforderte Rückzahlung. Es geht um Betriebskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro.

„Für uns ist bis heute nicht transparent, was wir zurückzahlen sollen“, erklärte Marius Neininger, der gemeinsam mit seiner Frau Marisa Faißt Neininger, die Geschäfte der Einrichtung mit etwa 90 Kindergartenplätzen führt. Die Betriebskosten-Betrachtung der Stadt „ist für uns nicht nachvollziehbar“, erklärte er.

War es ein Versäumnis der Stadt?

Im Jahr 2018, so die Ausführungen des Ehepaares Neininger, habe die Kikripp ihre Betriebskostenabrechnung vorgelegt, die von der Stadtverwaltung akzeptiert worden sei. 2019 habe es einige Diskussionen um Einrichtungsgegenstände gegeben. 2021 und 2022 habe die Stadt dieses Thema nicht mehr aufgegriffen.

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Der damalige Amtsleiter Stefan Assfalg soll auf eine entsprechende Nachfrage der Kikripp mitgeteilt haben, dass es demnächst neue Förderrichtlinien zu den Betriebskosten gebe. Diese wolle die Stadt abwarten.

„Wir haben nie nach mehr Geld gefragt“

Die Stadt habe seither weiterhin monatliche Abschlagszahlungen an ihren Kindergarten bezahlt. „Wir haben nie nach mehr Geld gefragt und sind damit klar gekommen“, unterstreicht Marisa Faisst Neininger.

Nachdem sich die Stadt jahrelang Zeit genommen habe, sei die Kikripp im März aufgefordert worden, zahlreiche Belege der vergangenen Jahre innerhalb von wenigen Tagen zu liefern. Mit dem Ergebnis, dass der Einrichtung eine Millionenforderung ins Haus geflattert sei.

An der Kindertageseinrichtung Kikripp hängt ein Plakat am 1. Mai 2024. Die Betreiber fühlen sich von der Stadt schlecht informiert.
An der Kindertageseinrichtung Kikripp hängt ein Plakat am 1. Mai 2024. Die Betreiber fühlen sich von der Stadt schlecht informiert. | Bild: Göbel, Nathalie

„Die Stadt hat zuvor jeden Monat die Abschlagszahlungen an uns bezahlt“. Daher sei man davon ausgegangen, dass die bisherige Praxis der Abrechnung in Ordnung sei, erläuterte Marius Neininger. Die Stadt könne jetzt nicht einfach im Nachhinein kommen, und eine Millionenforderung nachreichen.

Enttäuscht vom OB-Gespräch

Enttäuscht sind die Neiningers vom Gespräch am Montagmorgen mit Oberbürgermeister Jürgen Roth. „Das war ein Monolog.“ Roth habe die Position der Verwaltung dargelegt, sei nicht auf Details eingegangen und habe sich nicht ihre Position gehört.

Oberbürgermeister Jürgen Roth, das Bild stammt aus dem Dezember 2023.
Oberbürgermeister Jürgen Roth, das Bild stammt aus dem Dezember 2023. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Am Montag hatte der OB laut einer Presseerklärung der Rathausverwaltung zugesagt, die Stadt werde im Rahmen des rechtlich Zulässigen „die Zahlungsverpflichtungen so lange aussetzen, bis eine endgültige Klärung, die gegebenenfalls juristisch erfolgen muss, erreicht wurde“. Damit sei die Fortführung der Kikripp bis auf Weiteres möglich.

Betreiber bereuen Vertrag mit der Stadt

Die Neiningers brachten zum Ausdruck, dass ihre gemeinnützige GmbH, über die der Kindergarten seit 2017 betrieben wird, nicht in der Lage sei, eine derartige Summe zurückzuzahlen.

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Das gebe der Betrieb nicht her. Zumal der Vertrag, den die Kikripp mit der Stadt geschlossen hat, von der Kostenseite für die Kikripp nicht auskömmlich sei. „So einen Vertrag würden wir heute nicht mehr unterschreiben“, betonte Marisa Faisst Neininger.

Stadträte lassen sich nicht blicken

Beide betonten, dass seitens der Stadt und dem zuständigen Amtsleiter bisher kein ausführliches Gespräch über die Betriebskostenerstattung geführt worden seien.

Enttäuscht äußerten sie sich auch über die Ratsfraktionen. Diese sowie auch die einzelnen Stadträte seien mehrfach angeschrieben worden. Doch zu den angebotenen Gesprächs- und Besichtigungsterminen sei nur eine Person erschienen. Die Stadträte seien in nichtöffentlicher Sitzung einseitig von der Verwaltung informiert worden. „Wir werden an die Wand gedrückt“, klagt Marius Neininger.

Will die Stadt dem Kindergarten schaden?

Seine Frau hat inzwischen den Eindruck, dass die Stadt inzwischen von mehreren Seiten gegen die Kikripp arbeite. So sei ihre Einrichtung just in der Zeit, als die Abrechnungs-Nachforderung einging, einer überraschenden Kontrolle der Kindergartenaufsicht des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) unterzogen worden.

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Die Neiningers glauben nicht, dass dies Zufall war, sondern ein gezielter Versuch und Nadelstich der Stadt, sie in Schwierigkeiten zu bringen.

Fünf-Sterne-Kita sei nicht erwünscht

Oberbürgermeister Jürgen Roth habe ihr am Montag erklärt, berichtete die Kindergartenleitern, dass ein Fünf-Sterne-Kindergarten von der Stadt nicht erwünscht sei. Sie sieht darin einen Versuch, ihr aufwändiges Betreuungs-Konzept, dass sie sich in vielen Jahren aufgebaut hat, zu Fall zu bringen. „Das ist ein herber Schlag ins Gesicht“, betonte Marisa Faisst-Neininger.

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Unvergessliche Erlebnisse: Beim zweitägigen Sommerfest im Juli 2021 treten alle Kinder und Erzieher in der Manege bei einer Zirkusshow auf. Missfällt der Stadt das außergewöhnliche Engagement? | Bild: Michaela Czulucki

Die Neiningers äußern den Verdacht, dass der Stadtverwaltung ihr erfolgreiches Modell ein Dorn im Auge sei, das nun auf diese Weise liquidiert werden soll.

Sie betonen, dass sie eine Rückzahlung von 1,3 Millionen Euro nicht leisten könnten. Sie äußern auch die Befürchtung, nicht ausreichend Zeit zu haben, um die Rechtmäßigkeit der Betriebskostenverwendung nachzuweisen, sodass am Ende nur der Gang zum Insolvenzgericht übrig bleibe.

Stadt weist Aussagen zurück

Seitens der Stadt werden die Äußerungen der beiden Geschäftsführer zurückgewiesen. „Die Aussage, dass wir keine Fünf-Sterne-Kita VS wollen, ist unwahr“, erklärte Rathaus-Sprecherin Madlen Falke. Richtig sei vielmehr, „dass wir dies nicht explizit mit dem Abmangel der Stadt abgelten können.“

Madlen Falke, Pressesprecherin Stadtverwaltung VS
Madlen Falke, Pressesprecherin Stadtverwaltung VS | Bild: Anna Benner/Stadt VS

Sie verdeutlichte auch, dass die Stadt mit der Kikripp seit Jahren im Austausch bezüglich der offenen Positionen stehe und immer wieder verdeutlicht habe, dass sie bei den strittigen Posten keine Ausnahme machen könne. Allein seit Dezember habe es zehn Telefonate, persönliche Gespräche oder E-Mail-Austausche gegeben.

Die Aussage, dass die Stadt dem Kindergarten schaden wolle, „ist inakzeptabel“, betonte die Sprecherin der Stadt. Dass die Kita-Aufsicht des KVJS die Einrichtung aufgesucht habe, liege darin begründet, „dass die Kikripp ihren Meldepflichten gegenüber dem KVJS, auch nach wiederholter Ansprache unsererseits, nicht nachgekommen ist“. Deshalb habe die Stadt dies pflichtgemäß angefordert. „Wir sind ebenso erleichtert, dass bei der Nachprüfung nichts festgestellt wurde. Alles andere ist aus dem Reich der Fantasie und völlig abwegig‘“, betonte Falke.

Bedauern über fehlende Belege von Ausgaben

Ihr Bedauern äußerte die Verwaltung, dass die Kikripp die Belege für ihre Ausgaben seit Monaten „nicht wirklich beherzt“ angegangen sei. Viele Ausgaben der Kita seien weiterhin unbelegt. Die Aussage, dass den Betreibern nicht klar sei, um welche Positionen es sich hierbei handelt, sei nicht korrekt. „In zahlreichen Gesprächen unter Beteiligung mehrerer Mitarbeiter wurde dies immer wieder erläutert“, berichtete Falke.

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Oberbürgermeister Jürgen Roth habe mehrfach betont, dass die Einrichtung hervorragende Arbeit leiste und er dies ausdrücklich schätze, heißt es weiter in der Stellungnahme aus dem Rathaus. Es bleibe das Ziel, dass die Unterbringung der vielen Kinder weiterhin gewährleistet wird. „Deshalb leisten wir weiterhin auch Abschlagszahlungen zum laufenden Betrieb an die Kikripp, um so den laufenden Betrieb aufrecht zu erhalten“, verdeutlicht Madlen Falke.

Stadt kritisiert: „Weit weg von den Tatsachen“

Kritisch bewertet die Stadtsprecherin die Geschäftsleitung: „Wir bedauern ausdrücklich, dass seitens der Kita-Leitung Wege eingeschlagen werden, die weit weg von den Tatsachen sind.“ Das tue der Stadtgesellschaft und vor allem den Kindern nicht gut. „Die Eltern sollen Entlastung und Beratung erfahren und nicht fehlgeleitet werden. Wir appellieren an die Vernunft, damit die Kita fortgeführt werden kann – zum Wohle der Kinder“, heißt es abschließend in der Stellungnahme der Stadt.