Die Grünen von Villingen-Schwenningen starten jetzt in die heiße Phase des Kommunalwahlkampfes. Sie haben basisdemokratisch ein aktuelles politisches Programm erarbeitet, ihre Wahlplakate selbst aufgehängt und stellen sich jeden Samstag in den Fußgängerzonen der Diskussion mit den Bürgern.

Dort stoßen sie immer wieder auch auf aufgebrachte und schimpfende Bürger. „Wir erleben aber auch, was wir vor Wochen nicht gedacht haben: Viel Zuspruch und viele neue Parteieintritte“, berichtet Armin Schott vom Ortsverein der Grünen.

Deutlich steigende Mitgliedszahlen

Seit Jahresbeginn, so ergänzt Karin Zucker, die Kreisgeschäftsführerin der Grünen, habe sich die Mitgliedszahl im Kreisverband von 200 auf 250 erhöht. Ein bundesweites Phänomen. Viele grünen Sympathisanten, die bisher nicht in die Partei eingetreten sind, wollten angesichts des Erstarkens der rechten AfD jetzt Flagge zeigen und sich zu den Grünen bekennen.

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Stadträtin Constanze Kaiser bestätigt diesen Eindruck von den samstäglichen Info-Ständen in der Villinger Fußgängerzone. Die Stimmungslage bei den Wählern, so ihr Eindruck, sei polarisierter als vor fünf Jahren. Es gibt Gegenwind und Rückwind.

Zwischen Schimpfworten und Dankbarkeit

Zum einen schlage den Grünen als Regierungspartei deutlich enthemmter Empörung und Kritik entgegen. „Da fällt manches Schimpfwort“, schildert die Lehrerin. Andererseits, so ergänzt sie, „erfahren wir auch viel Dankbarkeit, dass wir Grünen uns für die Demokratie einsetzen“. Die Angst vor der AfD sei vielfach spürbar.

Im 40-köpfigen Gemeinderat sind die Grünen mit acht Mandatsträgen derzeit zweitstärkste Kraft hinter der CDU. „Wir kämpfen um einen neunten Sitz“, gibt Armin Schott mutig als Wahlkampfziel aus. Ob das eine realistische Perspektive ist, wird sich nach der Wahl erweisen.

Armin Schott vom Ortsverein der Grünen hofft auf einen neunten Gemeinderatssitz.
Armin Schott vom Ortsverein der Grünen hofft auf einen neunten Gemeinderatssitz. | Bild: SK

Die Ziele für Wirtschaft und Energie

Den Vorwurf der Wirtschaftsfeindlichkeit der Grünen weist Ulrike Salat zurück. Die Partei sei nur gegen zu großen Flächenverbrauch bei der Ansiedlung neuer Betriebe. Den Wirtschaftsstandort VS wollen die Grünen mit der Stärkung weicher Standortfaktoren attraktiv machen: durch Kindergartenplätze, gute Bildung und ein vielfältiges kulturelles Angebot.

Villingen-Schwenningen sieht Oskar Hahn beim Thema Energiewende mit ihrem Partner Stadtwerke auf gutem, weil „glaubhaftem Weg“. Als Gemeinderat wolle er sich dafür einsetzen, dass diese Projekte auch tatsächlich umgesetzt werden.

Kandidaten setzen Schwerpunkte

In einer Pressekonferenz erläuterten am Donnerstag einige der grünen Kandidaten von den vorderen Listenplätzen ihr gemeinsames Wahlprogramm sowie ihre persönlichen Ziele.

Armin Schott, langjähriger Umweltplaner bei der Stadt und jetzt frischgebackener Rentner, sieht seinen politischen Schwerpunkt beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Der 64-Jährige würde sich als Stadtrat auch um das Thema Altersdiskriminierung kümmern.

Constanze Kaiser ist Lehrerin an der Bickebergschule und seit fünf Jahren im Gemeinderat vertreten. Sie legt ihren Schwerpunkt auf Schule und Bildung, wünscht die Modernisierung der Kindergärten und den Ausbau von Integration und Inklusion bei Kindern. Ihr zweiter Schwerpunkt ist die Kultur, einschließlich der Neugestaltung der Schwenninger Museumslandschaft.

Eine Exotin seit zwölf Jahren

Elif Cangür bezeichnet sich selbst als „Exotin im Gemeinderat“. Im Alter von 20 Jahren zog sie aus der Türkei nach VS, engagiert sich in der alevitischen Gemeinde und ist seit zwölf Jahren Mitglied im Gemeinderat. „Es ist wichtig, dass die Menschen, die hierher zugezogen sind, auch eine Stimme haben“, sagt sie. Ihre Themen sind daher Integration, aber auch Wohnen und Umwelt.

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Jens Kieninger ist Vorstandsmitglied im Kreisverband. Der 59-Jährige legt seinen politischen Schwerpunkt auf das Thema Mobilität, wie den Ausbau der Radwege und des ÖPNV.

Zuhause in Stadt und Technik

Karin Zucker ist die Kreisgeschäftsführerin und eine der wenigen Grünen, „die in Villingen-Schwenningen geboren sind“. Die 60-Jährige ist politisch auf Energie- und Umweltschutzthemen fokussiert. Die Chemikerin und Diplom-Ingenieurin sieht sich dabei vor allem „auf der technischen Seiten zu Hause“.

Olaf Wuttge-Greimel kennt viele Gemeinderatsthemen schon seit vielen Jahren bis ins Detail als beratender Architekt im Technischen Ausschuss. Sein Fokus liegt daher auf der Stadtplanung, konkrete auf dem Ausbau der Infrastruktur wie den Großprojekten Oberer Brühl, Rössle oder Museumsquartier Schwenningen, der Mobilität und dem Straßenbau.

Fabian Braun ist, mit noch 21 Jahren, der Jüngste auf der Kandidatenliste der Grünen für die Gemeinderatswahl.
Fabian Braun ist, mit noch 21 Jahren, der Jüngste auf der Kandidatenliste der Grünen für die Gemeinderatswahl. | Bild: Lisa Sperlich

Fabian Braun ist der Jüngste auf der grünen Kandidatenliste. Die Grünen haben den Schwenninger ganz weit vorne, auf Rang vier, ihrer Kandidatenliste präsentiert, um auch den Jungen eine Chance zu geben. Der 21-Jährige arbeitet in der Software-Entwicklung bei Conti und will sich im Falle einer Wahl vor allem für eine Stärkung des Jugendgemeinderates und für Fortschritte bei der Digitalisierung einsetzen.

Die Zugpferde ganz vorne auf der Liste

Ulrike Salat ist Fraktionsvorsitzende. Die promovierte Biologin leitet als Professorin den Bereich Molekular-Biologie an der Hochschule in Schwenningen. Die Klimapolitik mit der Energie- und Mobilitätswende ist seit fünf Jahren ihr großes Thema im Gemeinderat.

Oskar Hahn ist ebenfalls Fraktionsvorsitzende. Der 37-Jährige engagiert sich ebenfalls für die Energie- und Mobilitätswende. Wichtig sei ihm auch, das Thema solidarische Landwirtschaft verstärkt in die Gesellschaft zu tragen.