Vorsitzender Peter Hellstern erhob sichtlich bewegt das Glas. Das improvisierte Sekttablett galt aber nicht dem knapp 50 Jahre alten Hagelabwehrflugzeug sondern dem 15-jährigen Bestehen des Vereins zur Hagelabwehr in den Landkreisen Schwarzwald-Baar und Tuttlingen.

„Wir hoffen auf wenig Hageleinsätze, sind aber froh, dass es die beiden zuverlässigen Piloten Sebastian Keller und Holger Miconi gibt, die sich zum Schutz der Bevölkerung binnen kürzester Zeit in die Luft begeben“, sagte Hellstern.

2024 ist die Hagelabwehr bereits 14 Jahre aktiv. Nach den verheerenden Hagelschlägen 2002 und 2006 über dem Schwarzwald-Baar-Kreis mit Schäden von über 200 Millionen Euro wurde der Verein 2009 ins Leben gerufen.

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Inzwischen ernten tausende von Photovoltaik-Anlagen in der Region wertvolle Solarenergie für die Energiewende. Diese Glasflächen halten jedoch nur bedingt einem schweren Hagelschlag stand, sodass bei ähnlichen Hagelereignissen wie 2006 die Schäden immens wären. Daher schätzt Hellstern den Einsatz der Hagelflieger als besonders wichtig ein.

In der Region gewittert es häufig

140.000 Euro stehen für die Landkreise Schwarzwald-Baar und Tuttlingen für die Hagelflieger-Prävention zur Verfügung. Durch diese beiden Landkreise ziehen – statistisch betrachtet – die meisten Gewitterzellen, denn diese folgen der Topographie von Neckar- und Donautal. Seit dem die zweimotorige Maschine von Donaueschingen bei entsprechenden Wetterlagen abhebt, sind schwere Hagelschäden in der Region ausgeblieben.

Für Rottweil fehlt die Finanzierung

Gerne würde der Verein ein zweites Hagelflugzeug für den Kreis Rottweil einsetzen, allein hierfür fanden sich bislang noch keine Finanzierungsmöglichkeiten. Weitere 140.000 Euro wären zusätzlich pro Jahr notwendig um auch diesen Bereich vor Großschadensereignissen durch Hagelschlag zu schützen.

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„Da oft mehrere Gewitterzellen vor einer Wetterfront entstehen, kann der Hagelflieger selbstverständlich nicht alle dieser Gewitterwolken anfliegen“, räumt Pilot Holger Miconi ein. „Daher kann es regional durchaus zu Hagelschlägen kommen.“ Seine Erfahrung, gepaart mit technischen Informationen, lassen ihn jedoch meist zu den Zellen fliegen, die am gefährlichsten erscheinen.

Wie finden die Piloten das Gewitter?

Unterstützt werden die Piloten dabei von einem Programm des Deutschen Wetterdienstes, das in Echtzeit die Entwicklung von Gewitterzellen und gleichzeitig die Flugposition des Hagelfliegers ins Cockpit überträgt. So können die Piloten die Aufwindzonen direkt anfliegen und die Silberiodid-Generatoren gezielt zünden.

Gegenüber vergangener Jahre lassen sich die Generatoren wieder abschalten und zum geeigneten Zeitpunkt wieder neu zünden. Früher konnte das hellgelbe Salz nur nach einer einzigen Zündung versprüht werden. „Mit der neuen Methode bleiben die Auswirkungen am Boden nahe der Nachweisgrenze“, sagt Thomas Oppenländer, der in diesem Bereich umfangreiche Forschungen betreibt.

Prof. Thomas Oppenländer vor dem, mit von ihm entwickelten neuen Sprühgenerator.
Prof. Thomas Oppenländer vor dem, mit von ihm entwickelten neuen Sprühgenerator. | Bild: Bild: Jörg-Dieter Klatt

So läuft der Einsatz ab

Die beiden Piloten Holger Miconi und Sebastian Keller werden bei entsprechenden Wetterlagen um 7 Uhr am Morgen über einen möglichen Einsatz informiert und stehen dann binnen weniger Minuten parat, um ihren Ritt gegen den Hagel zu beginnen.

Pilot Holger Miconi zeigt auf den elektronischen Wegweiser zu den Gewitterzellen im Cockpit der zweimotorigen Maschine.
Pilot Holger Miconi zeigt auf den elektronischen Wegweiser zu den Gewitterzellen im Cockpit der zweimotorigen Maschine. | Bild: Bild: Jörg-Dieter Klatt

Starke Auf- und Abwinde schütteln die nunmehr 49 Jahre alte Maschine vom Typ Vulcanair P68B mit ihren beiden je 200 PS starken Motoren gewaltig durch. „Man muss die Wolken erkennen und dann von unten anfliegen“, sagt Holger Miconi. Es sei ihm eine Genugtuung, wenn er nach der sicheren Landung feststellen könne, dass die geimpfte Gewitterzelle in sich zusammengebrochen seien, und keine Gefahr mehr darstellten.