Deborah Dillmann

Kommt es zu einem Pflegefall, können Betroffene bei ihrer Pflegeversicherung - egal ob gesetzlich oder privat - einen Pflegeantrag stellen. Menschen, die körperlich, geistig oder psychisch so eingeschränkt sind, dass sie auf Pflege und Hilfe anderer angewiesen sind, haben die erste große Hürde bereits genommen, wenn sie einen anerkannten Pflegegrad von 1 bis 5 haben und mit durch ihre Versicherung mit Pflegeleistungen unterstützt werden.

Um zu ermitteln, welcher Pflegegrad für die Situation pflegebedürftiger Menschen angemessen ist, wird ein sogenanntes Pflegegutachten zum Beispiel durch den Medizinischen Dienst erstellt. Doch der einmal festgestellte Pflegebedarf kann sich ändern. Verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand einer pflegebedürftigen Person, kann der Pflegegrad hochgestuft werden. Ist das aber ohne eine weitere Begutachtung möglich?

Pflegegrad erhöhen: Wie wird ein Höherstufungsantrag gestellt?

Wenn sich der gesundheitliche Zustand einer pflegebedürftigen Person, die bereits einen Pflegegrad hat, verschlechtert, kann ein Antrag auf Höherstufung gestellt werden. Laut der Techniker Krankenkasse (TK) können auch Familienangehörige, Nachbarn oder gute Bekannte diese Aufgabe übernehmen, insofern die pflegebedürftige Person diesen eine entsprechende Vollmacht erteilt hat. Wie Seniorberaterin Elke Grünhagen vom Medizinischen Dienst Bund uns auf Anfrage erklärt, kann ein höherer Pflegegrad insbesondere dann infrage kommen, "wenn sich die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person in den für die Pflegebedürftigkeit relevanten Lebensbereichen verschlechtert hat". Doch wie wird der Höherstufungsantrag dann gestellt?

Der Antrag für einen höheren Pflegegrad muss laut der AOK schriftlich gestellt werden. Möglich ist das bei vielen Pflegekassen auch online. Bei dem Höherstufungsantrag handelt es sich außerdem in der Regel um dasselbe Formular wie beim ersten Antrag auf einen Pflegegrad. Auch wie beim ersten Antrag, folgt auf den Höherstufungsantrag laut der AOK ein Besuch des Medizinischen Dienstes, der ein neues Gutachten über die Pflegebedürftigkeit erstellt. Ist das aber immer so?

Höherer Pflegegrad auch ohne neues Pflegegutachten: Ist das möglich?

Bei einem Pflegeantrag oder einem Höherstufungsantrag muss die Pflegekasse laut Grünhagen den Medizinischen Dienst oder andere unabhängige Gutachterinnen oder Gutachter mit einer Begutachtung beauftragen. Auf Basis des Gutachtens entscheidet die Pflegekasse anschließend über den Pflegegrad.

Also: "Grundsätzlich erfolgt immer eine Begutachtung", erklärt die Beraterin des Medizinischen Dienstes. Dabei kann die Form der Begutachtung allerdings variieren. Je nach Fall und Voraussetzungen ergeben sich diese Möglichkeiten: 

  • persönlicher Besuch bei der pflegebedürftigen Person zu Hause, im Pflegeheim oder im Krankenhaus
  • strukturiertes Telefoninterview
  • Begutachtung auf Grundlage vorliegender Unterlagen

Die Begutachtung auf Basis von Unterlagen - gemeint sind etwa Arztbriefe, Krankenhaus-Entlassberichte oder die Pflegedokumentation eines Pflegedienstes - wird laut Grünhagen vor allem dann durchgeführt, "wenn die pflegebedürftige Person zwischenzeitlich verstorben oder ihr ein Hausbesuch oder ein Telefoninterview aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung nicht zumutbar ist". Auch wenn die pflegebedürftige Person in so einem Fall vielleicht nichts von der Begutachtung mitbekommt, wird diese bei einem Höherstufungsantrag also dennoch durchgeführt. 

Zusammengefasst: Einen höheren Pflegegrad können Pflegebedürftige nur mit einem neuen Gutachten des Medizinischen Dienstes oder anderer unabhängiger Gutachterinnen und Gutachter bekommen. Bei der Umsetzung sind allerdings verschiedene Formen der Begutachtung möglich.