Julius Bretzel

Wer seinen Job verliert, muss erst einmal schauen, wie er über die Runden kommt. Oft greifen dann Sozialleistungen - wie etwa das Arbeitslosengeld I, auch ALG genannt. Berechtigte erhalten dann etwa 60 bis 67 Prozent ihres vorherigen Lohns. In manchen Fällen bekommen Arbeitnehmer bei betriebsbedingtem Jobverlust aber auch eine Abfindung vom Arbeitgeber als Entschädigungszahlung. Für viele Betroffene stellt sich dann die Frage, ob und wie die Abfindung das Arbeitslosengeld beeinflusst. Wird eine Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?

Arbeitslosengeld 1: Wird eine Abfindung angerechnet?

Die Abfindung selbst wird nicht auf die Höhe des Arbeitslosengeldes angerechnet. Aber die Entlassungsentschädigung kann dennoch Auswirkungen auf das ALG haben, erklärt die Bundesagentur für Arbeit. Denn die Abfindung kann unter gewissen Bedingungen dazu führen, dass erst einmal eine sogenannte "Ruhezeit" für dass ALG gilt. Die Berücksichtigung von Entlassungsentschädigungen ist dabei in § 158 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) geregelt.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht laut Gesetz, wenn Folgendes eintritt:

  • Der Arbeitslose erhält wegen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung)
  • Das Arbeitsverhältnis ist nicht mit der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers gekündigt worden. Diese Frist gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen oder durch Urteil beendet wurde.

Allerdings bleibt das Anrecht auf Arbeitslosengeld I dadurch weiterhin bestehen. Der Beginn der ALG-Zahlung wird allerdings hinausgeschoben. Auch die Anspruchsdauer wird laut SGB III hierdurch nicht gekürzt. Das Arbeitslosengeld ruht dagegen nicht, wenn es die Abfindung zu einer Kündigung gibt, die entweder der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht, aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich ist oder der Job von vornherein befristet war und durch Ablauf der Frist endet. Achtung: Die Ruhezeit des Arbeitslosengeldes wegen einer Abfindung ist zu verwechseln mit einer sogenannten Sperrfrist, die das Arbeitslosengeld für bis zu 12 Wochen streicht! Die beiden schließen sich aber nicht aus: Es kann zu einer Sperrfrist und einer Ruhezeit parallel kommen.

Übrigens: Empfänger von Arbeitslosengeld I dürfen auch einen Nebenjob haben. Dabei müssen ALG-Bezieher aber einen Freibetrag beachten.

ALG 1 und Abfindung: Wie lange dauert die Ruhezeit?

Der Ruhezeitraum beginnt gesetzlich am Kalendertag nach dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses. Und er endet an dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis geendet hätte, wenn die Kündigung nach ordentlicher Frist erfolgt wäre. Als maximale Dauer ist im SGB III eine Ruhezeit von einem Jahr festgelegt. Aber die Zeit kann auch verkürzt werden. Und hier spielt auch die Höhe der Abfindung eine Rolle.

Wie lange die Ruhezeit ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

  • die Höhe der Abfindung,
  • die Dauer der Betriebszugehörigkeit,
  • das Bruttogehalt,
  • das Alter zum Kündigungszeitpunkt.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nur so lange, wie der der Zeitraum, in dem der Arbeitslose bei einer Weiterbeschäftigung einen gewissen Prozentsatz der Abfindung verdient hätte. Je nach Alter und Dauer im Betrieb handelt es sich um 25 Prozent und höchstens 60 Prozent der Abfindung. Generell gilt: je länger man für ein Unternehmen gearbeitet hat und je älter man ist, desto kleiner ist der Anteil der Abfindung, der angerechnet wird. Die genauen Werte lassen sich dieser Tabelle nach § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 SGB III entnehmen:

Betriebszugehörigkeit Lebensalter am Ende des Arbeitsverhältnisses in Jahren


unter 40 ab 40 ab 45 ab 50 ab 55 ab 60 ab 65
weniger als 5 Jahre 60 % 55 % 50 % 45 % 40 % 35 % 30 %
5 und mehr Jahre 55 % 50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 25 %
10 und mehr Jahre 50 % 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 25 %
15 und mehr Jahre 45 % 40 % 35 % 30 % 25 % 25 % 25 %
20 und mehr Jahre 40 % 35 % 30 % 25 % 25 % 25 % 25 %
25 und mehr Jahre 35 % 30 % 25 % 25 % 25 % 25 % 25 %
30 und mehr Jahre

25 % 25 % 25 % 25 % 25 % 25 %
35 und mehr Jahre



25 % 25 % 25 % 25 % 25 %



Übrigens: Um überhaupt Arbeitslosengeld zu beziehen, müssen bestimmte Voraussetzungen wie die Dauer der Beschäftigung stimmen. Bleibt man länger arbeitslos, kann auch das Bürgergeld den Rückweg in die Arbeitswelt erleichtern.