Premiere auf dem Demeter-Hofgut Rengoldshausen: Zum vergangenem Wochenende ging der neue Milchautomat in Betrieb. Damit gibt es nun endlich wieder Rengo-Milch, die seit vergangenem Oktober aus den Regalen des Hofladens und des örtlichen Handels verschwunden war – nachdem sie in der Region für Generationen als fester Bestandteil zur alltäglichen Ernährung gehört hatte. Das im Jahr 1932 gegründete Hofgut ist einer der ältesten biologisch-dynamischen Landwirtschaftsbetriebe Deutschlands. Die Viehhaltung und die Produktion der Rengo-Vorzugsmilch gehörten immer dazu.

Die Rengo-Kühe behalten ihre Hörner. Das ist für Demeter-Betriebe Pflicht. Nach dem Fressen geht es für diese Tiere zurück auf die Weide.
Die Rengo-Kühe behalten ihre Hörner. Das ist für Demeter-Betriebe Pflicht. Nach dem Fressen geht es für diese Tiere zurück auf die Weide. | Bild: Jürgen Baltes

Verkauf wird möglich durch Abkoch-Hinweis

Allerdings steht die frische Rengo-Milch nicht wie früher als sogenannte Vorzugsmilch im Regal, sondern kommt als Rohmilch aus dem Automaten, der direkt auf dem Hof steht. Der Unterschied: Während an das Abfüllen von Vorzugsmilch strenge Anforderungen gestellt werden, etwa monatliche Tierarztuntersuchung und Kontrolle der Eutergesundheit, kann ein Milchautomat in Absprache mit dem Veterinäramt recht einfach aufgestellt werden. Um eine eventuelle Keimbelastung auszuschließen, muss der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen“ angebracht sein.

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Viehbetrieb hat einen neuen Betriebsleiter

„Ansonsten ist es aber exakt die gleiche Milch, nämlich komplett unbehandelt“, sagt Simon Giebler, neuer Betriebsleiter des Viehbetriebs auf dem Rengo-Hof. Er ist nach dem Weggang von „Kuhfrau“ Mechthild Knösel nun für die Rinderherde auf dem Hof verantwortlich. „Es hatten immer wieder Kunden nachgefragt, wann es denn wieder Rengo-Milch gebe“, so Giebler. Diese Möglichkeit wolle man mit dem Automaten nun bieten. Ein Liter kostet 1,95 Euro. Wer spontan vorbei kommt, findet vor Ort auch Flaschen zum Abfüllen – zu einem hohen Preis von 1 Euro pro Stück. Denn die Idee dahinter sei, dass jeder sein Gefäß selbst mitbringe.

Er verantwortet die Milchproduktion: Landwirtschaftsmeister Simon Giebler, hier am Milchautomaten, wechselt vom Rimpertsweiler Hof in Salem.
Er verantwortet die Milchproduktion: Landwirtschaftsmeister Simon Giebler, hier am Milchautomaten, wechselt vom Rimpertsweiler Hof in Salem. | Bild: Jürgen Baltes

Simon Giebler würde Vorzugsmilch gerne wieder aufleben lassen

Unabhängig davon will Giebler, der vom Demeter-Hofgut Rimpertsweiler zwischen Salem und Deggenhausertal kommt und seit März mit seiner Lebensgefährtin auf dem Rengo-Hof lebt, gerne auch die Vorzugsmilch wieder aufleben lassen. „Das ist aber noch nicht endgültig entschieden“, sagt der 40-jährige Landwirtschaftsmeister. Zunächst werde man noch einmal alle Tiere und auch die baulichen Anlagen vom Veterinäramt untersuchen lassen.

Derzeit gibt es 350 Liter Milch pro Tag

Parallel dazu gelte es, die Herde wieder aufzubauen. Denn das gehe nicht von heute auf morgen. „Bis ein Kalb zur Kuh wird und man weiß, dass sie als Milchkuh taugt, vergehen mindestens drei Jahre.“ Derzeit stehen auf dem Hof laut Giebler 37 Milchkühe, von denen aktuell 27 gemolken werden, jeweils morgens und abends. Damit komme man auf bis zu 350 Liter Milch pro Tag. Perspektivisch sollen es wieder 50 Milchkühe werden. Für diese Zahl sei der Stall ausgelegt. Im Moment habe man zahlreiche Färsen auf dem Hof, also geschlechtsreife Tiere, die zu Milchkühen werden könnten.

Dass es seit nunmehr acht Monaten keine Vorzugsmilch vom Rengo-Hof mehr gibt, liegt am Weggang der langjährigen Betriebsleiterin Mechthild Knösel. Sie und ihr Mann Markus, bis dahin Betriebsleiter Landwirtschaft, hatten den Hof nach 17 Jahren verlassen, da sich unterschiedliche Auffassungen zugespitzt hatten über die Entwicklung der Viehherde, die zuletzt auch stark angewachsen war.

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Mechthild Knösel hatte sich bundesweit mit der muttergebundenen Kälberaufzucht einen Namen gemacht, die sie damals auf dem Rengo-Hof eingeführt hatte. Die Idee dahinter: Die Kälber werden nicht wie sonst üblich nach kurzer Zeit von ihren Müttern getrennt und über Tränken ernährt, sondern bleiben in den ersten Wochen und Monaten mit ihren Müttern zusammen und werden von diesen gesäugt. Studien zeigen, dass Kälber dadurch sozial kompetenter und aktiver werden.

Vor den Toren Überlingens, in Richtung des Teilorts Deisendorf liegt der landwirtschaftliche Betrieb.
Vor den Toren Überlingens, in Richtung des Teilorts Deisendorf liegt der landwirtschaftliche Betrieb. | Bild: Holger Kleinstück

Neuer Betriebsleiter war schon Praktikant in Rengoldshausen

Simon Giebler hatte bereits vor 20 Jahren ein Praktikum auf dem Rengo-Hof absolviert und dort die Umstellung von Tränkeeimern mit erwärmter Milch auf das Stillen durch die Muttter miterlebt. Vor vier Jahren hatte er dieses dann auch auf dem Rimpertsweiler Hof eingeführt. Dort seien zuvor die Kälber von Ammenkühen gesäugt worden, erklärt er. Doch da habe man nicht immer sicher sein können, ob auch jedes Kalb genug getrunken habe. Denn „nicht jede Ammenkuh gibt gerne Milch an fremde Kälber“.

Auf dem Rengo-Hof werde die muttergebundene Kälberaufzucht nun „selbstverständlich weitergeführt“, sagt Giebler. Er glaubt, hier eine gute Lösung gefunden zu haben: Die ersten beiden Monate bleiben die Kälber bei der Mutter. Anschließend, wenn sich auch ihr Haarkleid verändert, erhalten sie neben einem Grundfutter ihre Milch für weitere zwei Monate von Ammenkühen.