Roland Brauner hat kein gutes Gefühl. Dann nämlich, wenn der stellvertretende Forstamtsleiter Villingen-Schwenningens an den Borkenkäfer denkt.

200 Fallen-Sterne haben sie in den vergangenen zwei Wochen im städtischen Forst aufgestellt. Alle versehen mit Lockstoffen für die Käfer-Weibchen. Monitoring nennt sich das.

Die Fallen für die Borkenkäfer werden mit Lockstoffen der Männchen bestückt. Die dadurch angelockten Weibchen landen in Behältnissen ...
Die Fallen für die Borkenkäfer werden mit Lockstoffen der Männchen bestückt. Die dadurch angelockten Weibchen landen in Behältnissen hinter den Löchern. Wöchentlich kontrollieren Mitarbeiter des Forstamtes dann die Fallen und erheben die Anzahl der gefangenen Borkenkäfer. | Bild: Anja Ganter

Das Ziel: Die Tiere dorthin zu locken und weg von den Bäumen. Aber auch Informationen über die Population zu bekommen, um frühzeitig handeln zu können.

Zwei schlechte Nachrichten

Etwa einmal in der Woche werden die Fallen kontrolliert. Die Käfer darin erfasst. Nicht gezählt, sondern in einem Reagenzglas gemessen.

Was sich jetzt schon sagen lässt: „Es ist eine relativ große Grundsubstanz vorhanden“, sagt Brauner. Das ist die erste schlechte Nachricht. Die zweite: „Wir sind etwa knapp vier Wochen voraus.“

In kleinen Wannen landen die Käfer (in diesem Fall Buchdrucker) dann. Sie werden anschließend nicht gezählt, sondern in Reagenzgläsern ...
In kleinen Wannen landen die Käfer (in diesem Fall Buchdrucker) dann. Sie werden anschließend nicht gezählt, sondern in Reagenzgläsern gemessen. | Bild: Anja Ganter

Dass es 2024 schon früh mehr Käfer gibt, ist dem kurzen Sommereinbruch im April zu verdanken. Darum war Roland Brauner wohl einer der wenigen, wenn nicht gar der einzige, der sich über den dann folgenden Wintereinbruch noch einmal richtig freuen konnte.

Sechs Wochen bleiben nur

Grundsätzlich, sagt Brauner, finden die Forstmitarbeiter befallene Bäume recht schnell. Auch wenn die Suche sehr aufwendig ist. Die Mitarbeiter müssen dafür schlicht durch den Wald laufen und Ausschau halten.

Ist ein befallener Baum gefunden, dann zählt im Kampf gegen die kleinen Käfer vor allem eines: Schnelligkeit. Innerhalb von sechs Wochen schlüpfen die Larven. Ist der Baum bis dahin nicht entfernt worden, wächst die Population rasend schnell und befällt weitere Bäume.

Mit diesen Lockstoffen werden die Fallen befüllt.
Mit diesen Lockstoffen werden die Fallen befüllt. | Bild: Anja Ganter

Appell an private Wald-Besitzer

In dem Zusammenhang appelliert Roland Brauner auch an alle, die privat Wald besitzen. Immerhin 40 Prozent der Waldfläche sind in privater Hand. „Sie sollen regelmäßig ihren Wald kontrollieren.“ Und dann auch entsprechend handeln und befallene Bäume entfernen oder mindestens das Forstamt informieren.

„Wir bieten unsere Unterstützung bei allen Prozessen an“, sagt Brauner. Auch bei der Wiederaufforstung zum Beispiel. Zudem könne man einen Vertrag mit dem Forstamt schließen und die anfallenden Arbeiten generell an sie übergeben.

Viel Regen hilft

Ist ein Baum einmal vom Borkenkäfer befallen, ist er nicht mehr zu retten. Für Brauner und seine Leute gibt es dann drei Möglichkeiten. Erstens: Begiften. „Was wir sehr ungern tun“, fügt Brauner sofort an. Die zweite Möglichkeit: Befallenes Holz so schnell wie möglich ins Sägewerk bringe. Als dritte Variante kann das betroffene Holz ins Nasslager gebracht werde. „Dort wird es dann beregnet.“ Die Käfer sterben ab.

Wasser also. Darum ist ausreichend Regen auch so wichtig. Und das nicht nur ein paar Stunden am Tag. „Es muss schon zwei oder drei, besser vier Tage regnen“, sagt Brauner. Und da die ersten Borkenkäfer schon ihre Eier gelegt haben, sind die kommenden Tage nun entscheidend. „Wenn es immer wieder regnet, können sich die Bäume wehren.“

Viele Bäume sind geschwächt

Denn: „Ein gesunder Baum wehrt sich gegen den Befall“, sagt Brauner. Erkennbar wird das oft an Harztröpfchen. Das Problem: Allzu viele gesunde Bäume gibt es schlicht nicht mehr. Viele sind geschädigt durch Sturm und Trockenheit.

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Das gilt inzwischen auch nicht mehr nur für die Fichte. „Durch den Klimawandel sind alle Baumarten geschwächt“, sagt Brauner. „Wir wissen gar nicht mehr, mit welchen Bäumen wir noch weitermachen können.“ Dieses Jahr hat er 21 verschiedene Baumarten zum Testen bestellt. So viele wie noch nie.

Klimawandel macht den Wald instabil

„Vor fünf Jahren hätten wir noch gedacht, mit der Mischung aus Fichte, Tanne und Kiefer würden wir gut dastehen.“ Das hat sich inzwischen nivelliert. Mit dem Temperaturanstieg die größte Veränderung: die Stürme. Oder besser: deren Ausmaß.

Bei einer Waldbegehung im Neuhäuslewald im Oktober 2022 informieren Vertreter des Forstamtes über die Perspektiven der ...
Bei einer Waldbegehung im Neuhäuslewald im Oktober 2022 informieren Vertreter des Forstamtes über die Perspektiven der Waldbewirtschaftung angesichts der Klimaveränderungen. Von links: Forstamts-Stellvertreter Roland Brauner, Revierförster Werner Zeitvogel, Forstamtsleiter Tobias Kühn, Albert Hahn mit Sohn Janosch, Oberbürgermeister Jürgen Roth und Erhard Prinz von der Forstdirektion Freiburg. | Bild: Sprich, Roland

2023 gab es mehrmals den Fall, dass eine halbe Stunde Sturm ausgereicht hatte, um 15.000 Festmeter auf einmal zu zerstören. „Wir kämpfen an verschiedenen Fronten“, sagt Brauner. „Unser Öko-System ist nicht mehr stabil, sondern instabil.“

Das kommt auch dem Borkenkäfer zugute. Brauner schwant darum nichts Gutes für dieses Jahr. Aber er wäre nicht Förster, wäre er nicht auch ein wenig Optimist. Darum sagt er noch mit einem Lächeln: „Ich lasse mich auch gerne vom Gegenteil überraschen.“