Für die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) wird 2024 ein anstrengendes Jahr. Es stehen Organisationswahlen an und natürlich das Aushandeln eines neuen Tarifvertrags.

Ehe die Gewerkschaft aber in den Clinch mit den Arbeitgebern geht, stellt sie sich personell neu auf: Von Anfang März bis Mitte Mai finden die Organisationswahlen an. Neu bestimmt wird unter anderem über die beiden Bevollmächtigten – aktuell Thomas Bleile und Ralf Kleiser – sowie den Ortsvorstand.

Junge Mitarbeiter haben eigene Vertretung

Im zweijährigen Turnus und ebenfalls 2024 wird die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) gewählt. Die Wahlen finden im Oktober und November statt. „Ich sage immer, das ist der kleine Betriebsrat für Auszubildende und dual Studierende bis 25 Jahre und Mitarbeiter unter 18 Jahren“, sagt Gewerkschaftssekretärin Angela Linsbauer.

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Gibt es mindestens fünf Mitarbeiter aus diese Personengruppe im Betrieb, darf ein solches Gremium gewählt werden. Im Schwarzwald-Baar-Kreis wären laut IG Metall 40 Gremien möglich, 2022 kamen 23 zustande. „Für dieses Jahr rechnen wir mit bis zu 27 JAVs“, sagt Gewerkschaftssekretär Uwe Acker.

Nachwuchs dringend gesucht

Für die IG Metall ist die Generierung von Mitgliedernachwuchs eine zentrale Frage. Die demographische Entwicklung führe dazu, dass viele ältere Arbeitnehmer als Mitglieder verloren gingen. „Diese Strukturen möchten wir über die Jugend auffangen“, sagt Angela Linsbauer.

Weshalb wirbt die IG Metall verstärkt um junge Mitglieder? Video: Block, Andreas

Der Gewerkschaft scheint das Thema Nachwuchs aber ebenso schwerzufallen wie den Unternehmen. „Wir beobachten, dass junge Leute vermehrt ihre Ausbildung abbrechen“, sagt Linsbauer. „Weil sie feststellen, dass es die falsche Ausbildung für sie ist, ihre Interessen anders liegen oder die Eltern dann doch auf ein Studium drängen.“

Womit Firmen Azubis anlocken

Uwe Acker sieht Parallelen zum Fachkräftemangel: „Sie können sich aussuchen, wo sie hingehen, was sie machen möchten.“ Das führe dazu, dass Firmen inzwischen sogar Auszubildende damit locken, ihnen ein Auto zur Verfügung zu stellen. „Ein Tablet wie vor sieben oder acht Jahren noch, das reicht heute nicht mehr“, sagt der Gewerkschaftssekretär.

Forderungen für die Tarifverhandlung

Ende September 2024 läuft der aktuelle Tarifvertrag aus. Mit welchen Forderungen wird die IG Metall an die Arbeitgeber herantreten? Laut Uwe Acker keine einfache Frage. „Die wirtschaftlichen Aussichten für 2024 sind eher düster“, sagt er. Erst wenn im vierten Quartal die Zinsen sinken sollten, rechnet er mit einem Aufschwung.

Mitunter grätschen auch die äußeren Umstände dazwischen. „Als wir 2022 acht Prozent für unsere Mitglieder wollten, sind wir dafür verrissen worden“, sagt Acker.

Arbeitnehmer protestieren im November 2022 in Villingen für höhere Löhne.
Arbeitnehmer protestieren im November 2022 in Villingen für höhere Löhne. | Bild: Sprich, Roland

Schlussendlich wurden es bei den Metallern plus 5,2 Prozent ab Juni 2023, weitere 3,3 Prozent folgen im Mai 2024. Ende 2022 lag die Inflation laut Statistischem Bundesamt bei 8,8 Prozent. Für 2023 wird die Teuerung mit 5,9 Prozent beziffert. „Da haben wir Minus gemacht“, räumt der Gewerkschaftssekretär ein.

Arbeitsplätze oder Inflationsausgleich?

Für die Maschinenbau- und Elektroindustrie gelte 2024: „Wir müssen uns um den Arbeitsplatzerhalt kümmern“, sagt Acker. Er vergleicht das mit dem Wegfall der Uhren- und Hifi-Industrie in der Region. „Jetzt haben wir das Problem wieder – durch den Rückgang bei den Verbrennermotoren.“ Viele Automobilzulieferer hingen deshalb in den Seilen.

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Was Forderungen an die Arbeitgeber besonders kompliziert mache: „Unseren Betrieben geht es entweder gut oder schlecht. Die Grauzone dazwischen gibt es praktisch nicht mehr.“ Nach Ackers Darstellung stellt sich für die Gewerkschaft die Frage, vor allem die Arbeitsplätze zu erhalten oder diese zu riskieren, um für einen Tarif mit Inflationsausgleich zu kämpfen.

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Kann die neuerliche Tarifrunde unter diesen Umständen ebenso spektakulär werden wie zuletzt die Proteste der Landwirte? „Das kommt auf die Forderungen an. Um was kämpfen wir?“, sagt Uwe Acker. Sei das Thema gut nachvollziehbar – wie beispielsweise ein Inflationsausgleich -, kann sich der Gewerkschaftssekretär durchaus vorstellen, dass viele Mitglieder auf die Straße gehen.

Mit ihren Protestaktionen sorgen die Bauern für Aufsehen. Wie könnte ein Streik der Metaller aussehen?
Mit ihren Protestaktionen sorgen die Bauern für Aufsehen. Wie könnte ein Streik der Metaller aussehen? | Bild: Sprich, Roland

Angst, dass hohe Tarifforderungen zum Bumerang für die IG Metall werden und zu Tarifflucht führen, hat Acker nicht. „Tarifbindung ist ein Qualitätsmerkmal“, sagt er. Azubis tauschen sich seiner Erfahrung nach untereinander über ihren Verdienst aus und machen sich Gedanken. „Auch Fachkräfte zu finden wird schwerer, wenn es keine Tarifbindung gibt“, ist sich der Gewerkschaftssekretär sicher.