Der oberste Kendrion-Boss Joep von Beurden kam höchst persönlich in den Schwarzwald gereist. Am Donnerstag, 25. April, informierte er die Belegschaft am Standort Villingen über die geplanten Umwälzungen im Konzern. Bei einer Betriebsversammlung in der Neuen Tonhalle stimmte die Geschäftsleitung, aber auch der Betriebsratsvorsitzende, die Mitarbeiter aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven auf die neue Lage ein.

Kendrion-Konzernchef Joep van Beurden, hier ein Archivbild von einem Besuch in Villingen, kommt eigens in den Schwarzwald, um den ...
Kendrion-Konzernchef Joep van Beurden, hier ein Archivbild von einem Besuch in Villingen, kommt eigens in den Schwarzwald, um den Mitarbeitern die Umwälzungen am Standort zu erläutern. | Bild: vsx 30 Kendrion Hospiz fein.JPG

Anlass: Am 12. April hatte die Konzernspitze von Kendrion wie berichtet zur Überraschung der Belegschaft verkündet, dass sich das Unternehmen komplett von seinem Automotive-Geschäft in Europa und den USA trennen werde.

In Scharen strömen die Mitarbeiter der Firma Kendrion am Donnestag zur Betriebsversammlung in die Neue Tonhalle.
In Scharen strömen die Mitarbeiter der Firma Kendrion am Donnestag zur Betriebsversammlung in die Neue Tonhalle. | Bild: Roland Dürrhammer

Vom Verkauf des Automobilzulieferer-Geschäfts sind in Villingen rund 180 der etwa 440 Mitarbeiter betroffen. Angesichts dieser Umwälzung strömten am Donnerstag gegen 13.30 Uhr zahlreiche Kendrion-Beschäftigte zur Betriebsversammlung in die Neue Tonhalle, um von der Geschäftsführung zu hören, was der Verkauf für ihre Arbeitsplätze bedeutet.

Die gesamte Führungsspitze spricht

„Die gute Nachricht ist, dass die Geschäftsführung nicht von Entlassungen gesprochen hat“, resümmiert Thomas Bleile, der Erste Bevollmächtigte der Gewerkschaft IG Metall im Bezirk Villingen-Schwenningen. Bleile war in der Versammlung dabei, bei der die drei Geschäftsführer – neben Konzernchef von Beurden sprachen auch Robert Lewin (Industriebremsen) und Ralf Wieland (Automotive) – den Verkauf der Automotive-Sparte an die Amerikaner als die denkbar beste Option für dieses Geschäftsfeld priesen.

Thomas Bleile ist der Erste Bevollmächtigte des IG Metallbezirks Villingen-Schwenningen.
Thomas Bleile ist der Erste Bevollmächtigte des IG Metallbezirks Villingen-Schwenningen. | Bild: IG Metall Villingen-Schwenningen

„Die wollten Stimmung machen, dass alles gut wird“, beurteilt der Gewerkschafter die Beiträge der Geschäftsführer. Die Vorträge seien von sehr viel Optimismus geprägt gewesen. Seitens der Geschäftsführung sei außerdem betont worden, dass am Standort Villingen die Arbeitsplätze sicher seien. Alle Beschäftigten, auch die 180 Automotive-Leute, könnten wie gehabt an ihrem Arbeitsplatz in Villingen weiterarbeiten. Es werde sich nichts ändern.

Blick auf das Werksgelände von Kendrion in der Wilhelm-Binder-Straße in Villingen. Der Konzern wird seine Automotive-Sparte verkaufen. ...
Blick auf das Werksgelände von Kendrion in der Wilhelm-Binder-Straße in Villingen. Der Konzern wird seine Automotive-Sparte verkaufen. Davon sind rund 180 Mitarbeiter an diesem Standort betroffen. | Bild: Stadler, Eberhard

Stellung bezogen hat auch der Betriebsratsvorsitzende Martin Bausch. Dieser habe klargemacht, so Bleile, dass der Betriebsrat bei diesem Verkauf das Beste für die Mitarbeiter verhandeln werde.

Einige kritische Nachfragen aus den Reihen der Mitarbeiter zielten auf die Themen Tarifbindung, Ausbildung und die Frage nach einer Standort- und Beschäftigungssicherung bei Kendrion Villingen.

Das sind die Forderungen der Gewerkschaft

Auch Gewerkschaftsvertreter Bleile meldete sich zur Tarifbindung zu Wort. „Wir wollen, dass die Automotive-Mitarbeiter auch nach dem Verkauf im Arbeitgeberverband Südwest-Metall verbleiben“, betone Bleile. „Und wir wollen eine Standort- und Beschäftigungsgarantie für die Beschäftigten.“ Und drittens werde die Gewerkschaft mit dem Betriebsrat darum kämpfen, dass die bestehenden finanziellen Rahmenbedingungen und kleinen Extras der Belegschaft durch den Verkauf nicht angetastet werden. Das Ganze, so fordert die IG Metall soll vertraglich fixiert werden.

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Bleile ist sich im Klaren, dass damit wahrscheinlich harte Verhandlungen mit dem Käufer Solero und dessen Geldgeber Atar Capital bevorstehen. Der Gewerkschaft sei es wichtig, dass Käufer und Verkäufer wissen, was seitens der Belegschaft erwartet werde.

Die Tarifbindung werde die IG Metall verhandeln, die anderen Punkte der Betriebsrat. Dieser habe sich bereits „rechtsanwaltliche Unterstützung geholt“, berichtet Bleile.

„Wir bleiben vorsichtig“

Den Optimismus der Kendrion-Geschäftsführung kommentiert er mit Zurückhaltung. „Wir bleiben vorsichtig. Entscheidend ist, was am Ende vertraglich unterschrieben ist“, so der Gewerkschafter.